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Die Idee ist nach wie vor brillant: „Was hältst du davon, wenn ich dir einen Kaffeeladen hinstelle? Also keinen gewöhnlichen Kaffeeladen, wo wir einfach Kaffee verkaufen, wie alle anderen auch. Sondern ein „Coffee House“, der nach deinem zu Hause und deinem Arbeitsplatz der drittwichtigste Ort in deinem Leben ist. Wo du dich mit Freunden treffen kannst. Aber auch arbeiten, wenn du willst. Wo es nach frisch gemahlenem Kaffee riecht, wenn du reinkommst und von unserem stets gut gelauntem Personal begrüßt wirst?“

So, oder so ähnlich lautete 1982 die Frage von Howard Schultz an „den Markt“. Und „der Markt“ schrie aus voller Brust „Yeah Howie! Gib uns deinen Laden“. Und Starbucks in seiner heutigen Form war geboren. Der Rest ist (Erfolgs)Geschichte: Exakt 25.083 Starbucks-Filialen gab es Ende 2016 weltweit.

Warum Starbucks so gut war

Einzig: Vom Charme, der die „Coffee Houses“ ausmachen sollte ist nicht viel übrig geblieben. Schultz schlug deswegen schon 2007 Alarm. Er begab sich auf dem Höhepunkt der Finanzkrise auf eine Ochsentour durch hunderte von Starbucks-Filialen in den USA. Immer auch der Suche nach der, wie er es ausdrückte, „verlorenen Romantik“ der Gründerjahre.

Hätte sich Schultz, wie ich, am vergangenen Wochenende in Genf einen Café Latte „tall“ bestellt, ihm wären die Tränen in die Augen geschossen: Vor Wut. Denn in Genf erinnerte nichts mehr an einen potentiellen „drittwichtigsten Platz“ im Leben, sondern eher an eine McDonald´s Filiale in einem sozialen Brennpunkt. Müllberge auf den Tischen? Räumt niemand weg. Handschriftliches Notieren des Namens auf dem Becher? Keine Zeit mehr. Das Personal befand sich jetzt auch nicht gerade in Servierlaune und rundete den Gesamteindruck ab. Immerhin: Der Laden war brechend voll.

Mir geht es hier sicher nicht um Starbucks. Ich war nie Fan der Kette, war auch nicht dagegen. Eigentlich ist mir der Laden egal.

„Goodbye Romantik. Hello Shareholder-Value!“

Spannend finde ich die Entwicklung, die Unternehmen nehmen, wenn sie ihren Fokus verlieren. Starbucks war, wie viele Unternehmen in seinen Gründer- und ersten Wachstumsphasen zu 100% auf einen einzigen Menschen konzentriert: Auf EINEN Kunden, der den Laden betritt und nach seinem Besuch beschließt: „Das hier ist der drittwichtigste Platz in meinem Leben. Hier nehme ich meine Familie, meine Freunde und Kollegen auch mal mit hin.“

Der Moment, in dem Unternehmen genau diesen Fokus über Bord werfen, lässt sich ziemlich genau datieren: Am Tag des IPO, des Initial Public Offers. Zu Deutsch: Der Tag des Börsengangs. Jetzt verschiebt sich der Fokus: Statt dem Kunden muss jetzt die Wallstreet, die London Stock Exchange oder das Frankfurter Börsenparkett befriedigt werden. In der Regel bedeutet das, dass ab sofort jeder Dollar, jedes Pfund und jeder Euro aus dem Unternehmen raus gequetscht wird. „Good bye, Romantik. Good Bye, drittwichtigster Ort des Lebens. Hello, Shareholder Value.“

Und jetzt schlägt die Stunde für ein neues Unternehmen, das den Markt aufrollt: Airbnb statt Hilton, Uber statt Taxi, Club Mate statt Bionade.

Jetzt fühlt sich nicht jeder berufen, die Coca Colas, die Mc Donald´s oder Microsofts dieser Welt zu Fall zu bringen. Braucht es auch gar nicht. Denn in jeder Branche, auch in deiner, gibt es die Platzhirsche, die mal richtig gut waren, die aber auch ohne Börsengang zu gierig oder selbstgefällig werden.

Die UBER-Grätsche: Auch für dein Business?

Diese offenen Flanken sind deine Chance als Entrepreneur und Verkäufer. Bestehendes systematisch auf Schwachstellen abklopfen: Das ist das System, mit dem aggressive Unternehmen aus dem Silicon Valley, aber mittlerweile auch aus Tel Aviv, London oder Berlin ihren harten Expansionskurs fahren. Wer jemals im Ausland mit dem Fahrdienstvermittler UBER,  unterwegs war (oder in den gefühlt 3 Wochen, die denen es in Deutschland erlaubt war), der merkt sofort, wie die Gründer vorgegangen sind. Alles was am Taxifahren nervt, wird konsequent optimiert.

Folgende Probleme hat UBER identifiziert

Wenn du ein Taxi rufst, weißt du nie, wann du wirklich mit dem Fahrer rechnen kannst. Das von der Zentrale verkündete „Kommt gleich“ umfasst Zeitspannen zwischen 5 Minuten und 1 Stunde

->  Bei UBER siehts du auf deinem Smartphone, wo sich der Fahrer befindet und wie weit er noch von dir entfernt ist. DU stehst nicht in der Kälte rum, sondern kommst aus dem Restaurant, wenn der Wagen da ist

Wenn du ein Taxi rufst, weißt du nie, wer der Fahrer ist. Vom ortskundigen Chauffeur aus Leidenschaft, über den 21-jährigen „Gangsta“, der dich bei 120 dB mit Bushido penetriert, bis hin zu Menschen, mit denen du noch nicht mal im gleichen Zug sitzen möchtest, geschweige denn auf engstem Raum in einem Taxi.

-> bei UBER kannst du dir den Fahrer aussuchen. Die Bewertungen der anderen Fahrgäste geben dir gute Hinweise auf seine Freundlichkeit, die Sauberkeit des Fahrzeugs und seine allgemeinen Fähigkeiten ein Kraftfahrzeug zu führen. Ach ja: Und als Frau kann ich mir Nachts auch eine Frau als Fahrerin rauspicken.

Wenn du ein Taxi rufst, weißt du nie, wie du bezahlen kannst. Mal mit EC-Karte, mal mit Kreditkarte, mal nur in bar. Und wenn du nur einen großen Schein hast, geht das Gerolle mit den Augen los.

-> bei UBER wird direkt über die App abgerechnet. Der teure „Wir-müssen-dann-noch-eben-am Geldautomaten-vorbei“ entfällt

Wenn du ein Taxi rufst, weißt du nie, wieviel es kosten wird.

-> bei UBER wird der Fahrpreis für die definierte Strecke bereits vorher berechnet.

Das sind nur vier Punkte, die sich noch um weitere ergänzen ließen. Warum zur Hölle sollte ich also ein normales Taxi rufen?

Da UBER in Deutschland gegen gesetzliche Auflagen zur Personenbeförderung verstößt und per Gerichtsbeschluss vom Markt gefegt wurde, ist MyTaxi genau in diese Lücke hinein gegrätscht und hat gesetzeskonform geschlossen.

So identifizierst du offene Flanken. Als Verkäufer und Unternehmer.

Wenn du also als Entrepreneur, kleines Unternehmen oder als Verkäufer erfolgreich werden willst, musst du die Räder nicht neu erfinden. Klopfe Bestehendes systematisch auf Probleme ab. Immer wenn du Menschen fluchen hörst

„Das nervt…“

„Kann man nicht…“

„Warum gibt es kein…“

„Da rege ich mich jedes Mal drüber auf…“

Oder auf das, was dich selber stört. Wenn du heute ein Ladengeschäft hast in dem es hin- und wieder zu Wartezeiten kommt (oder wie die Bahn sagen sagen: zu betriebsbedingte Störungen), solltest du wie selbstverständlich nicht nur WLAN anbieten, sondern auch Ladegeräte für die gängigen Smartphones. Nimm dir die Zeit zu überlegen: Was nervt an Produkten, Dienstleistungen und Services in deiner Branche? Wo hat jemand, der größer ist als du, seinen Fokus auf den Kunden verloren und konzentriert sich auf etwas, was eher mit ihm selbst oder mit Shareholdern zu tun hat?

Diesen Artikel habe ich übrigens in der „Campus Suite, einem Coffeshop im Zentrum von Hamburg geschrieben. Die benachbarte „Balzac Coffee Company“, mal als „der bessere Starbucks“ angetreten, kämpft mit den gleichen Problemen wie das Original. 43 Filialen in 13 deutschen Städten scheinen auch hier zu reichen, um neue Chancen zu eröffnen. Greif zu!

 


Ich bin Vortragsredner, Autor und in erster Linie Verkäufer. Was ich tue, ist für Unternehmer, Entrepreneure und Selbständige, die nicht Verkäufer auf ihrer Visitenkarte stehen haben, die aber wissen, dass sie mehr verkaufen müssen. Anders als meine Mitbewerber konzentriere ich mich nicht auf den klassischen Vertriebsaußendienstler, der im Audi A6 über die A1 jagt, sondern auf die Menschen, die erkannt haben, das Verkaufen einer der wichtigsten Bestandteile ihrer täglichen Arbeit ist. Denn Verkaufen heißt auch auch: Erfolgreich präsentieren, ein Projekt starten oder eigene Ideen umsetzen.